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Tom Rachman: Die Unperfekten

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Wie ich zu dem Buch gekommen bin: Dieses Buch habe ich als Leseexemplar von Amazon Vine bekommen. Es hatte bereits einige gute Kritiken und das hat mich neugierig gemacht. Also habe ich es angefordert und recht schnell gelesen.

 Zum Inhalt: Cyrus Ott hatte einst eine Vision – er wollte eine Tageszeitung gründen und aufziehen, eine ganz besondere Zeitung, die sich von der Masse abheben sollte. Seriös und gleichsam unterhaltsam sollte sie sein und sie sollte international verkauft werden.
Das alles ist nun Jahrzehnte her und Die Zeitung macht gerade schwere Zeiten durch. In seinem Roman beleuchtet Tom Rachman das Leben von zehn Personen, die mit dieser Zeitung zu tun haben, genauer, darunter acht Mitarbeiter, eine Leserin und letztlich der Enkel des Zeitungsgründers.
Da ist zum Beispiel Lloyd Burko, der Auslandskorrespondent, der jahrelang interessante Artikel von Paris aus beigetragen und in die Redaktion in Rom weitergeleitet hat. Mittlerweile ist Lloyd alt, hat seine besten Jahre und seine erfolgreichen Zeiten hinter sich, und er ist verzweifelt auf der Suche nach einer guten Geschichte, die er an Die Zeitung verkaufen möchte. Doch das ist nicht so einfach, denn die Nachrichtenwelt funktioniert im Internetzeitalter einfach schneller als früher, und Lloyd hat noch nicht mal einen Internetanschluss.
Oder – vielleicht als Gegenpart zu Lloyd – wäre da noch Winston Cheung, der sich ebenfalls als Auslandskorrespondent einen Namen machen will, der aber erkennen muss, dass es in der Branche nicht nur schwer ist, Fuß zu fassen und einen seriösen Artikel zu schreiben, noch schwerer scheint es ihm, sich gegen die Konkurrenz durchzusetzen, die kein Geheimnis daraus macht, dass sie sich ihm überlegen fühlt.
Dies sind nur zwei Beispiele für die Schicksale, die mit der Zeitung verbunden sind. Alles, was das Schicksal für Menschen bereithalten kann, spielt sich offenbar im Dunstkreis dieser Zeitung ab, und in in sich abgeschlossenen Erzählungen um die einzelnen Figuren herum kommt immer mehr von diesen Geschichten ans Licht.

 Wie mir das Buch gefallen hat: Jedes Kapitel ist mit einer Zeitungsschlagzeile überschrieben und dann folgen der Name der Figur, die im Mittelpunkt des Kapitels stehen wird, und ihre Funktion in der Redaktion der Zeitung, bzw. bei der Leserin steht natürlich dabei, dass sie Leserin ist. Am Ende jeden Kapitels erhält man einen sehr kurzen Ausschnitt aus der Hintergrundgeschichte der Zeitung, ihrer Gründung und Weiterentwicklung.
Die Kapitel sind, wie schon erwähnt, in sich abgeschlossen, aber die Figuren selbst spielen in den anderen Kapiteln natürlich auch immer wieder eine kleine oder größere Rolle, weil hier ja von Menschen erzählt wird, die einander kennen. Rachman hat sich mit dieser Art des Erzählens wirklich etwas Spannendes einfallen lassen, denn einerseits erzählt er abgeschlossene Geschichten, in denen wir uns ein bestimmtes Bild von einer seiner Figuren machen, dann wieder kommt diese Figur in einem neuen Kapitel vor und man muss sich fragen, ob man sie wirklich richtig eingeschätzt hat, weil man nun wieder etwas Neues über sie erfährt. Das hat mir gut gefallen, denn dadurch wirken die Figuren sehr echt.
Die einzelnen Geschichten sind sehr gut, manchmal lustig, mal traurig und sentimental, mal ernst, mal ein bisschen ironisch. Rachman zeigt auf, dass jemand, der zum Beispiel beruflich Nachrufe schreibt, ohne dass ihm das besonders naheginge, trotzdem am eigenen Schicksal fast zerbrechen kann. Er zeigt, dass das, was man beruflich vielleicht besonders gut kann, nichts mit dem zu tun haben muss, was man privat ist. Und gerade das macht seinen Roman spannend und unheimlich interessant zu lesen.
„Die Unperfekten“ ist für mich eines der besten Bücher, die ich in diesem Jahr gelesen habe, und ich hoffe, dass wir in Zukunft noch sehr viel von Tom Rachman lesen werden!



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